Die aktuelle Ausgabe von Charlie Hebdo soll ab Samstag in Deutschland zu bekommen sein, wahrscheinlich auch auf deutsch.
Gestern Abend, als ich nach Hause kam, sagte ich als erstes zu meinem Sohn, dass ich während des Tages vieles geschafft habe, einiges aber nicht, vor allem habe ich es nicht geschafft, die Charlie Hebdo zu kaufen. Er meinte, ich hätte auch gar keine Chance gehabt, eine Ausgabe zu ergattern. Es wären nur ganz wenige Exemplare in einige ausgewählte Kioske geliefert worden und es wären überall lange Schlangen gewesen.
Ich erzählte noch, dass ich mich die ganze Woche mit einem furchtbar schlechten Gewissen plage, weil ich Montagabend nach der Arbeit statt zur Anti-Pegida-Demonstration zu gehen Schuhe kaufen gegangen bin. Er öffnete mir diesen Link auf dem PC und ich fühlte mich voll ertappt.
Es gibt inzwischen eine breite Diskussion darüber, wer alles „Charlie ist“, ob jeder einfach sagen darf oder kann „Je suis Charlie“, ob der eine das Recht dazu hat und der andere vielleicht nicht, und dass man gut überlegen sollte, ob man sich tatsächlich mit den getöteten Mitarbeitern dieser Satirezeitschrift identifizieren kann. Und es gibt Diskussionen darüber, ob diese Satire als beleidigend empfunden werden kann. Und ob solche Veröffentlichungen, die von einigen Menschen als beleidigend empfunden werden, trotzdem im Sinne der Pressefreiheit erlaubt sein sollen. Die Diskussion verzweigt sich immer mehr.
Okay, ich bin vielleicht zu schlapp, auf eine Demo zu gehen. Ich habe schon so viel demonstriet in meinem Leben und bin tatsächlich Demonstrations-müde geworden.
Ich bin auch nicht mehr so kämpferisch wie in meiner Jugend. Und ich „übersehe“ manchmal die ein oder andere Ungerechtigkeit und Grausamkeit am Wegesrand. Ich gebe zu, dass ich mich manchmal damit begnüge nur ein „Like“ auf Facebook zu setzen oder einen Kommentar zu schreiben statt heldenhafte Taten zu verbringen.
Ich bin einfach nur ein Mensch
und ich bin Journalistin
und ich habe manchmal Meinungen, die anderen nicht gefallen und die ich trotzdem äußern möchte.
„Ich bin Charlie“